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                                            | 
                                         
                                        
                                          | 
                                             Titel 
                                              des Buches "Johannes Karasek, 
                                              der Räuberhauptmann aus der 
                                              Oberlausitz" aus dem Lusatia 
                                              Verlag Dr. Stübner & Co. 
                                              KG, Bautzen 1996, Umschlaggestaltung 
                                              Uwe Häntsch 
                                           | 
                                         
                                       
                                      Der Große Teich trug seinen Namen 
                                        mit vollem Recht. Im einstmals ausgedehnten 
                                        Zittauer Grundherrschaftsbereich besaß 
                                        er die größte Ausdehnung. Die 
                                        Wasserfläche verband die letzten 
                                        Häuser des Ortsteils Seifen von Seifhennersdorf 
                                        mit den ersten Häusern von Niederleutersdorf. 
                                        Seine Größe betrug 227.000 
                                        Quadratmeter, das sind 22,7 Hektar. 
                                        Die erste urkundliche Erwähnung stammt 
                                        aus dem Jahre 1566. Der "Staudamm" 
                                        befand sich zwischen der heutigen Halbschrankenanlage 
                                        in Seifen und dem Mönchsberg. Er 
                                        ist noch gut sichtbar. Der Fischbesatz 
                                        bestand aus 80 bis 129 Schock dreijähriger 
                                        Karpfen. In der Nähe des Teichdammes 
                                        stand das ehemalige Teichwärterhaus. 
                                        Hier feierten nach dem gelungenen Abfischen 
                                        die Zittauer Ratsherren mit ihren Damen. 
                                        Dabei ging es immer lustig zu. 
                                        Der Räuberhauptmann Karasek wird 
                                        sich gedacht haben, was die können, 
                                        das kann ich auch. Er stahl sich heimlich 
                                        große, schmackhafte Karpfen, und 
                                        anschließend gab es in der damaligen 
                                        Greibichschenke von Neuwalde einen zünftigen 
                                        Festschmaus. Aus dieser Zeit stammt wohl 
                                        auch der Ausdruck "Einen großen 
                                        Fischzug machen". 
                                        Am 4. Juli 1803 wurde durch Schäden 
                                        am Abfluss und den Wasserdruck des hoch 
                                        angespannten Teiches ein breites Stück 
                                        des Dammes herausgerissen. Die einsetzende 
                                        Flut richtete nicht nur im Bereich des 
                                        vorgelagerten Teiches, sondern auch im 
                                        Ortsteil Seifen einen beträchtlichen 
                                        Schaden an. Zahlreiche Häuser zog 
                                        es arg in Mitleidenschaft. Der Damm ist 
                                        nachher nie wieder hergestellt worden. 
                                        So weit die sachlichen historischen Fakten. 
                                        Im Roman "Johannes Karasek, der Räuberhauptmann 
                                        aus der Oberlausitz" (Lusatia Verlag 
                                        Dr. Stübner & Co. KG Bautzen 
                                        1996, ISBN3-929091-35-6) hat der legendäre 
                                        Große Teich seine literarische Würdigung 
                                        gefunden, aber der junge Johannes Karasek 
                                        interessierte sich damals, noch vor Beginn 
                                        seiner Karriere als Räuberhauptmann, 
                                        auch ganz besonders für das ewig 
                                        Weibliche. Hier eine Leseprobe: 
                                      "
 An einem unfreundlichen 
                                        Herbstabend des Jahres (1795) kam von 
                                        Warnsdorf oder Seifhennersdorf her ein 
                                        junger Mann, der indessen von der verrufenen 
                                        Un-heimlichkeit jener Wegstrecke nicht 
                                        die mindeste Notiz zu nehmen schien. Unbekümmert 
                                        um das Heulen des Windes im Schilfrande 
                                        des rechts liegenden großen Teiches 
                                        oder das Gekrächze zankender Eulen 
                                        im Gemäuer, schritt er nur langsam 
                                        voran, gleichsam als erwarte er eine Begegnung 
                                        mit irgend jemandem, noch bevor er die 
                                        ersten Häuser des Dorfes erreichte. 
                                        Der junge Mann, in der Tracht der Leute 
                                        aus der Umgegend gekleidet, die aber an 
                                        Sauberkeit und Schnitt verriet, dass ihr 
                                        Träger entweder aus Eitelkeit oder 
                                        aus ungewöhnlicher Peinlichkeit darauf 
                                        halte, dass sein Äußeres einen 
                                        angenehmen Eindruck mache, trug er über 
                                        die linke Schulter einen nur mit geringer 
                                        Last beschwerten Tragsack. Die rechte 
                                        Hand schwippte spielend mit einem wuchtigen 
                                        Knotenstock über die Köpfe der 
                                        am Teichrande stehenden Schilfkaupen. 
                                        Er hatte das Aussehen eines Handelsmannes 
                                        oder Hausierers. 
                                       
                                      
                                        
                                            | 
                                         
                                        
                                          | 
                                             Die 
                                              Enklave Niederleutersdorf auf einer 
                                              alten Landkarte mit dem Großen 
                                              Teich (rot eingezeichnet) 
                                           | 
                                         
                                       
                                      In der Nähe des alten Gemäuers 
                                        verlangsamte er seine Schritte und pfiff 
                                        die Melodie eines bekannten Volksliedes. 
                                        Dann blieb er horchend stehen, wie eine 
                                        Antwort erwartend. Als sich nichts regte 
                                        nahm er, einige Worte des Unmuts vor sich 
                                        hinsprechend, seinen Weg nach einem der 
                                        ersten Häuschen des Dörfchens, 
                                        von woher ein mattes Licht schimmerte. 
                                        Nur einen kurzen Blick warf er durch die 
                                        kleinen Scheiben des Fensters. Dann schritt 
                                        er zur Tür und betrat mit einem kräftigen 
                                        "Guten Abend, Ignatz" die nur 
                                        dürftig mit einem Buchenspan erleuchtete 
                                        Wohnstube. 
                                        "I guten Abend, Prager", erwiderte 
                                        ein starker, in den fünfziger Jahren 
                                        stehender Mann den Gruß des Eintretenden, 
                                        indem er sich erhob und ihm die Hand bot. 
                                        "Schon heute kommst du zurück? 
                                        Hast wohl gut verkauft, Prager?" 
                                        "Wie du an dem geringen Rest im Sacke 
                                        sehen kannst, Ignatz", gab der junge 
                                        Mann als Antwort zurück. Sich in 
                                        der Stube umsehend, fügte er hinzu: 
                                        "Wo ist Apollonia?" 
                                        "So!", versetzte der Alte, "ist 
                                        dir das Mädchen so wichtig, Johannes? 
                                        Die wird sich nicht verlaufen, wird auch 
                                        nicht weit sein, vielleicht bei Greibichs 
                                        oder sonst wo. Hast du Hunger?" 
                                        "Das nicht", war die unmutig 
                                        gegebene Erwiderung, "aber Apollonia 
                                        wollte mich am Hofe erwarten, und jetzt 
                                        finde ich sie auch nicht daheim." 
                                        "Ja, Prager, da wirst du schon Geduld 
                                        haben müssen, bis sie kommt, unterdessen 
                                        lass hören, wie es gegangen ist; 
                                        gut verkauft, he?" 
                                       
                                      
                                        
                                            | 
                                         
                                        
                                          | 
                                             Teichdamm 
                                              um das Jahr 1900 
                                           | 
                                         
                                       
                                      "Na, wir können zufrieden sein, 
                                        sieh her!" Damit zeigte er einen 
                                        ansehnlichen Beutel klingenden Geldes, 
                                        den er, als der Alte hastig danach greifen 
                                        wollte, sofort wieder in die Tasche versenkte. 
                                        "Musst eben warten, Ignatz, bis es 
                                        gezählt und geteilt wird", sprach 
                                        er lachend. "Unter ehrlichen Leuten 
                                        geht's nicht anders." 
                                        "Bist ein Dummkopf, Johannes, mit 
                                        deiner Ehrlichkeit wirst du nicht weit 
                                        kommen; was kann's denn schaden, wenn 
                                        ein Griff vorher ein paar Gulden herausnimmt, 
                                        der Alte nimmt ja immer das meiste vorweg." 
                                        "Was geht das mich an", erwiderte 
                                        der junge Mann. "Wenn ihr nach euren 
                                        Gesetzen dem alten Palme einen größeren 
                                        Anteil am Erlös eurer wohlfeil eingekauften 
                                        Waren zugesteht, so muss dieses Gesetz 
                                        eben auch von jedem respektiert werden; 
                                        wirst daher warten müssen, bis nach 
                                        vorschriftsmäßiger Ordnung 
                                        geteilt wird." 
                                        Der junge Mann war der ehemalige Korporal 
                                        Karasek aus Prag. Nicht lange hatte er 
                                        sein erlerntes Gewerbe, die Tischlerei, 
                                        betrieben. Der geringe Lohn und eine ihm 
                                        nicht zusagende Behandlung beim Großschönauer 
                                        Meister wa-ren Veranlassung geworden, 
                                        beim Tischler Kühnel in Oberleutersdorf, 
                                        der für die Herstellung einer Brautausstattung 
                                        einen Gesellen brauchte, in Arbeit zu 
                                        treten. 
                                        Nur wenige Wochen indessen hatte Johannes 
                                        bei seinem neuen Meister gearbeitet. Ein 
                                        katholischer Festtag, an 
                                        welchem er die Kirche in Warnsdorf besuchte, 
                                        hatte ihm Gelegenheit gegeben, die Bekanntschaft 
                                        der Schwester seines
                                      
                                        
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                                          | 
                                             Altes 
                                              Teichwärterhäusel; Zeichnung 
                                              von Veit Krauß 
                                           | 
                                         
                                       
                                     Kameraden Anton Palme aus dem böhmischen 
                                        Dörfel zu machen, die, gleich ihm 
                                        katholisch, vom Kirchenbesuch in Warnsdorf 
                                        zurückkehrte. In ihrer Begleitung 
                                        war ein sehr hübsches Mädchen, 
                                        das gegen ihn, den Fremden, zurückhaltend 
                                        und gemessen war, doch sein lebhaftes 
                                        Interesse erregte. Sehr gern hatte er 
                                        daher die Einladung der beiden Mädchen, 
                                        sich gelegentlich zu besuchen und ihnen 
                                        vom Bruder aus Prag zu erzählen, 
                                        angenommen. An einem der folgenden Abende 
                                        war er auch schon von Oberleutersdorf 
                                        aus hingegangen und hatte Antons Schwester 
                                        in ihrer Wohnung angetroffen. Auch das 
                                        hübsche Mädchen aus der Nachbarschaft 
                                        war auf seine Frage nach ihr herbeigeholt 
                                        worden. 
                                        Karaseks Besuche im böhmischen Dörfel 
                                        wiederholten sich, und gar bald entstand 
                                        zwischen ihm und der schönen Apollonia, 
                                        der Tochter des Nachbarn Ignaz Höher, 
                                        ein intimeres Verhältnis. Durch die 
                                        üppigen Reize des Mädchens gefesselt, 
                                        wurde der junge Mann gar bald ihr erklärter 
                                        Liebhaber mit den ernstesten, ehrlichsten 
                                        Absichten. Johannes ahnte nicht, dass 
                                        das Mädchen weiter nichts als eine 
                                        herzlose berechnende Kokotte, ihr Vater 
                                        und Bruder aber noch Schlimmeres, Mitglieder 
                                        einer Diebesbande, waren. 
"
                                      Mit freundlicher Genehmigung des Lusatia 
                                        Verlages. 
                                      
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